Cornelia Anken

 

Auszug aus "Narrenspiele"

 

Polizist war man immer, ob man im Dienst war oder an Krücken über den Wochenmarkt humpelte und nichts anderes im Sinn hatte als Bratkartoffeln mit Grüner Soße. Die Erkenntnis traf Goetz Anton, als er Kappler entdeckte, der sich verdächtig nahe an eine Frau vor dem Olivenstand heranmachte. Goetz sah nicht viel von der Frau, eigentlich nur eine schmale Schulter und die bunte Basttasche, die den notorischen Taschendieb zur Selbstbedienung aufforderte.

Goetz musste eingreifen. Aber wie? Zwischen dem Dieb und ihm lag eine Distanz von gut acht Metern – im Grunde nicht viel, doch hier waren sie ein Hindernislauf zwischen Fußgängern und Obstauslagen, Kinderwagen und Gewürzständern. Spiel ohne Grenzen vor der Bockenheimer Warte, und er trat mit Krücken an! Sein Warnruf würde nur ein Durcheinander auslösen, das Kappler bei der Flucht gut zupass käme. Und nach erfolgter Tat konnte Goetz dem Dieb bis in alle Ewigkeit hinterher humpeln, ohne ihn zu erwischen. Er hatte eine Menge Ideen, aber keine Zeit. Für Sekunden erweiterte sich die Lücke zwischen den Menschen. Die geübten Finger glitten bereits in die Tasche. Goetz entschied sich für seine Version von Haltet den Dieb und warf die rechte Krücke durch die schmale Gasse zwischen den Passanten. Kurz blinkte die Armbinde eines Marktaufsehers hervor. Zu spät: die Krücke flog bereits. Impulsiv schlug Goetz die Hand vor Augen. Hatte er ein Unglück angerichtet, vielleicht einen der Gemüsehändler erschlagen? Zögernd suchte er die Menschenmenge ab, die sich am Landeplatz seiner Krücke einfand. „Volltreffer!“, tönte es aus dem Kreis der Schaulustigen.

©Cornelia Anken

 

Narrenspiele
Presse Verlagsgesellschaft mbH Frankfurt
EUR 6,80
ISBN: 3-928789-24-4

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